Internationale Handelsgeschäfte sind von einem zunehmenden Zeit- und Effizienzdruck geprägt. Bei Just-in-Time-Lieferketten und Just-in-Sequence-Logistik können selbst kleine Verzögerungen zu einem Problem werden. Eine effiziente Abwicklung auf allen Ebenen der internationalen Logistik ist heute essenziell, um im Wettbewerb eine Chance zu haben.
Dank Digitalisierung sind heute viele Prozesse weitgehend automatisiert und erfordern kaum noch manuelle Eingriffe. Die Zero-Touch-Exportabwicklung bietet gewerblichen Akteuren erhebliches Potenzial hinsichtlich Effizienz, Fehlervermeidung und Compliance. Fraglich ist jedoch, wie regulatorische Rahmenbedingungen (insbesondere im Bereich Datenschutz und Zollrecht) der technischen Machbarkeit Grenzen setzen.
Definition und Konzept der Zero-Touch-Exportabwicklung
Die Zero-Touch-Exportabwicklung umfasst als Begriff die vollautomatisierte Steuerung und Durchführung exportrelevanter Prozesse – also von der Auftragserfassung über die Erstellung und Übermittlung der Exportdokumente bis hin zur Zollanmeldung und Versandabwicklung. Zum Einsatz kommen in diesem Zusammenhang unterschiedliche Elemente, wie künstliche Intelligenz (KI) und Echtzeit-Datenanalyse.
Essenziell für das Funktionieren der Zero-Touch-Exportabwicklung ist die Kommunikation der verschiedenen Systeme miteinander, was über standardisierte Schnittstellen (APIs) erfolgt. Mit deren Hilfe ist ein Austausch von Daten in Echtzeit möglich, um eine konsistente und aktuelle Informationsbasis für alle beteiligten Plattformen zu schaffen. In diesem Zusammenhang greifen die Zero-Touch-Exportabwicklung und die Predictive Analytics ineinander. Letztere kommen bei der Planung und Steuerung von Transportprozessen zum Einsatz, um die effiziente Ausnutzung aller zur Verfügung stehenden Logistikkanäle zu gewährleisten.
Elemente der Zero-Touch-Exportabwicklung
In modernen Logistiknetzen müssen Unternehmen sehr individuelle Aspekte berücksichtigen, die sich teilweise aus besonderen Kundenwünschen oder rechtlichen Rahmenbedingungen hinsichtlich einzuhaltender Kühlketten oder Dual-Use-Vorschriften – zum Beispiel im Bereich von Hochtechnologie wie Quanten-Computing-Komponenten – ergeben. Trotz dieser individuellen Aspekte haben die einzelnen Logistikketten auch Schnittmengen. Zu den Kernelementen (die sich Zero-Touch-Prozesse teilen) gehört zum Beispiel ein vollständiges Ineinandergreifen der internen Ressourcenmanagement-, Kundenmanagement- und Warenwirtschaftssysteme mit den Transport-/Export- und Zollplattformen.
Ein weiteres wichtiges Element der Zero-Touch-Exportabwicklung ist die automatisierte Erstellung, Prüfung und Übermittlung der relevanten Exportdokumente (dazu gehören zum Beispiel Handelsrechnungen, Packlisten und das Ursprungszeugnis). In diesem Zusammenhang ist bei der Implementierung der Zero-Touch-Exportabwicklung auf ein intensives Qualitätsmanagement und eine umfassende Fehlerkontrolle zu achten – um wiederkehrende Probleme zu vermeiden, die zu Verzögerungen in der Zollabwicklung führen können.
Zu den besonders wichtigen Aspekten der Zero-Touch-Exportabwicklung gehören unter anderem
- die elektronische Zollanmeldung und Abwicklung ohne Medienbrüche,
- eine automatisierte Status- und Compliance-Prüfung entlang der gesamten Lieferkette,
- die transparente Dokumentation aller Prozessschritte.
Welche Vorteile bietet die Zero-Touch-Exportabwicklung?
Durch die Integration einer teilweisen- bzw. vollständigen Automatisierung der Transport- und Exportprozesse profitieren international agierende Unternehmen von verschiedenen Vorteilen. Die Beschleunigung einzelner Prozessschritte und das Wegfallen manueller Eingriffe erhöhen die Effizienz deutlich. Zugleich sinkt der Personalaufwand, was sich in einer Reduzierung der Betriebskosten bemerkbar macht. Insbesondere bei standardisierten Prozessen verringert die Automatisierung die Fehleranfälligkeit im Vergleich zum Einsatz menschlicher Mitarbeiter. Dieser Vorteil wirkt sich vor allem dann aus, wenn größerer Exportmengen abzufertigen sind. Zudem bietet die Automatisierung in der Zero-Touch-Exportabwicklung den Vorteil einer hohen Skalierbarkeit, ohne zusätzlich die Personaldecke umfassend neu strukturieren zu müssen.

Herausforderungen und Grenzen der Automatisierung
Die Nutzung von Blockchain-Systemen und der Einsatz von KI im Aufbau bzw. der Umstrukturierung von Lieferketten bietet Unternehmen die Möglichkeit, einen hohen Digitalisierungsgrad zu erreichen. Trotz dieser Möglichkeiten stößt die Zero-Touch-Exportabwicklung an regulatorische Grenzen, die eine vollständige Automatisierung erschweren oder sogar verhindern können.
- Datenschutzrechtliche Herausforderungen: Die Regelungen der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) der Europäischen Union (EU) setzen auch der Automatisierung der Exportabwicklung klare Grenzen. Die Übertragung personenbezogener Daten (zum Beispiel der Empfängerinformationen oder E-Mail-Adressen) an Dritte oder in Drittländer ist nur unter strengen Auflagen zulässig. Zudem dürfen bestimmte Entscheidungen nach Art. 22 DSGVO nicht zwingend allein von automatisierten Systemen getroffen werden, sondern es braucht eine menschliche Kontrollinstanz. Für die Nutzung von Cloud-Diensten oder externen Plattformen sind Standardvertragsklauseln und Transfer Impact Assessments erforderlich, um für die automatisierte Exportabwicklung ein angemessenes Datenschutzniveau sicherstellen zu können.
- Haftungsrechtliche Aspekte: Ein wichtiges regulatorisches Hindernis bei automatisierten Entscheidungen sind Haftungsfragen. Rechtlich bleiben die Unternehmen für alle Exportentscheidungen verantwortlich, auch wenn diese von automatisierten Systemen getroffen wurden. Damit entstehen nicht nur besondere Anforderungen an die Dokumentations- und Nachvollziehbarkeitsmechanismen. Es bedarf des Aufbaus einer Kontrollinstanz, die alle wichtigen Entscheidungen zumindest begleitet und bei Bedarf in die automatisierten Entscheidungsprozesse eingreifen kann.
- Ausfuhrkontrollrechtliche Vorgaben: Beschränkungen im Bereich der Ausfuhrkontrolle können die Automatisierung ebenfalls ausbremsen. Bei Dual-Use-Gütern, Rüstungsgütern oder bei Exporten in kritische Länder lassen sich manuelle Prüfungen durch qualifizierte Compliance-Beauftragte bzw. -abteilungen oft nicht einfach automatisieren. Ausfuhrrechtliche Kontrollmechanismen können in diesem Zusammenhang durch die Automatisierung und den Einsatz von KI unterstützt werden. Zudem ist die korrekte Klassifizierung von Waren und die Ursprungsbestimmung teilweise so komplex, dass es ohne Expertenwissen und manuelle Eingriffe in einigen Fällen immer wieder zu Fehlern kommen kann, die sich letztlich auf das Handling beim Zoll auswirken.
Best Practices zum Aufbau einer Zero-Touch-Exportabwicklung
Unternehmen, die sich intensiv mit der Implementierung der Zero-Touch-Exportabwicklung in die eigenen Transport- und Zollprozesse beschäftigen, müssen sich der Vor- und Nachteile bewusst sein, um die Realisierbarkeit richtig einschätzen zu können. Zudem sollte die Umsetzung einem klar strukturierten Prozess folgen.
- Analyse und Optimierung bestehender Prozesse: Zunächst sind manuelle Schnittstellen und Medienbrüche in den Exportprozessen zu identifizieren. Gleichzeitig muss das Unternehmen klar herausarbeiten, welche Prozessschritte automatisierbar sind und wo regulatorische Rahmenbedingungen weiterhin eine manuelle Prüfung erforderlich machen.
- Auswahl und Integration der Zero-Touch-Systeme: Für die Integration der automatisierten Exportabwicklung muss das Unternehmen geeignete Systeme auswählen. Dabei ist es wichtig, auf offene Plattformen zu setzen, die sich mittels APIs flexibel integrieren lassen. Vor allem für die Zusammenarbeit mit Handelspartnern und Kunden ist dies wichtig. Die Automatisierungstools müssen zudem kompatibel sein mit den Zollplattformen der wichtigsten Exportmärkte.
- Zusammenarbeit mit professionellen Zollagenturen: Gerade für sensible Transportgüter kann es von Vorteil sein, erfahrene Zollagenturen mit entsprechender Expertise in die Prozesskette einzubinden. Diese bringen als externe Partner umfassendes Fachwissen (gerade zur Einhaltung länderspezifischer Vorschriften) ein.
- Sicherstellung von Compliance und Datenschutz: Die Integration einer Zero-Touch-Abwicklung muss Compliance-Risiken umfassend berücksichtigen. Daher sollten entsprechende Checks (wie eine automatisierte Überprüfung von Sanktionslisten) und eine umfassende Dokumentation aufgebaut werden. Darüber hinaus muss das Unternehmen gewährleisten, dass alle Datenverarbeitungsprozesse DSGVO-konform gestaltet sind.
- Überwachung und Optimierung: Für einen reibungslosen Ablauf der Zero-Touch-Exportabwicklung bedarf es einer regelmäßigen Überwachung der Performance und der Optimierung der Prozesse. Insbesondere, wenn neue regulatorische Anforderungen in Kraft treten, ist eine Anpassung notwendig. Das muss seine Mitarbeiter regelmäßig im Umgang mit den Systemen schulen, sodass deren Überwachung durch menschliche Mitarbeiter und – im Fall einer kritischen Situation – ein Eingreifen möglich ist.
Fazit: Mehr Effizienz und Skalierbarkeit dank Zero-Touch-Exportabwicklung
Die Vorbereitung und Abwicklung von Exportprozessen kann mitunter sehr aufwändig sein und die manuelle Einarbeitung von Daten in Transport- oder Exportplattformen bindet die Ressourcen von Mitarbeitern. Mithilfe der Zero-Touch-Exportabwicklung lassen sich viele Bereiche automatisieren und damit im Ergebnis nicht nur ein höherer Effizienzgrad, sondern im Hinblick auf die Skalierbarkeit auch ein neues Niveau erreichen. Unternehmen dürfen an dieser Stelle aber nicht nur die Vorteile sehen, sondern sollten professionelle Unterstützung heranziehen, um die Grenzen des Machbaren und die Realisierbarkeit auszuloten.