Wenn internationale Handelsverträge abgeschlossen werden, sind über Grenzen hinweg regelmäßig mehrere Vertragsparteien beteiligt. Werden dabei in den Kontrakten keine eindeutigen Regelungen vereinbart, kommt es häufig zu Streit über die Verantwortlichkeiten der involvierten Parteien. Eine klare Abgrenzung zu schaffen, ist bei internationalen Handelsverträgen also von großer Bedeutung.
Grundlagen internationaler Handelsverträge
Beim Abschluss internationaler Handelsverträge sind einige wichtige Regeln zu beachten. Zunächst einmal muss die Gerichtsbarkeit abgeklärt werden. Da mindestens zwei Parteien mit unterschiedlichen Standorten beteiligt sind, muss man sich auf eine Rechtsordnung einigen. Innerhalb der Europäischen Union ist das aufgrund des Regelwerks der Zollunion vergleichsweise einfach möglich. Sobald die Geschäfte aber mit Drittstaaten getätigt werden, wird die Angelegenheit komplizierter. Die Vereinbarung des Gerichtsstands und die Einigung auf das anzuwendende Recht gehören also zu den Hauptpunkten, welche die Beteiligten beim Abschluss eines internationalen Handelsvertrags im Blick haben sollten.
In den meisten Fällen wird man sich diesbezüglich für eine Schiedsklausel entscheiden, um die vertraglichen Verantwortlichkeiten umzusetzen. In der Praxis sind Urteile aus einem Land nämlich kaum im anderen umsetzbar, beispielsweise bei einer Kooperation zwischen deutschen und chinesischen Unternehmen. Schiedsklauseln sind dagegen weltweit vollstreckbar und nicht an nationales Recht gebunden.
Abgesehen davon ist es sinnvoll, den internationalen Handelsvertrag nach den Vorgaben der so genannten Incoterms (International Commercial Terms) der Internationalen Handelskammer (ICC) zu gestalten. Die verschiedenen Incoterms ermöglichen es den Vertragsparteien, standardisierte Regelungen zu den Verantwortlichkeiten, Leistungspflichten, dem Leistungsort und dem Gefahrenübergang zu treffen.
Parteien und ihre Rollen innerhalb von internationalen Handelsverträgen
An internationalen Handelsverträgen sind mindestens zwei Parteien beteiligt, die in unterschiedlichen Ländern sitzen. Hinzu kann ein Transportunternehmen kommen, welches die Verschiffung oder Versendung der Fracht übernimmt. Wer bei den Vorgängen welche Rolle hat, wird meist über die Incoterms geregelt.
Exporteure
Beim Exporteur handelt es sich um das Unternehmen, welches eine Ware aus einem Land ausführt. Welche Verpflichtungen diese Partei hat, hängt stark von der Gestaltung des Vertragswerks ab. Wird beispielsweise ein Verkauf „ab Werk“ vereinbart, so geht die Verantwortlichkeit bereits dann an den Käufer und Importeur über, sobald die Ware die Betriebsstätte des Verkäufers verlassen hat.
Deutlich häufiger kommt es vor, dass die Vertragspartner die F-Klauseln, zum Beispiel die Incoterms FCA wählen. In diesem Fall übergibt der Exporteur die Ware an den Frachtführer und trägt dann keine Verantwortung mehr für die Sendung. Für den Zubringung an die Versandstation trägt der Verkäufer noch die Kosten für Transport und Verpackung.
Diese Klausel unterscheidet sich deutlich von den Incoterms der Kategorie C. Beim Incoterm CPT (frachtfrei) und Incoterm CFR (Kosten und Fracht) gehen die Verantwortlichkeiten zu einem anderen Zeitpunkt auf den Importeur über. Bei CFR würde der Exporteur den Transport bis zu einem vereinbarten Hafen übernehmen, bei CPT bezahlt er für die Versendung durch ein Frachtunternehmen. Entscheiden sich die Parteien im internationalen Handelsvertrag für die CIF-Klausel (Kosten, Versicherung und Fracht), so hat der Exporteur außerdem die Pflicht, eine Versicherung für die Ware abzuschließen.
Importeure
Als Importeur bezeichnet man bei internationalen Handelsverträgen die Partei, welche die Ware von einem Exporteur kauft und in das Land ihres Unternehmensstandorts einführt. Bei den oben genannten Klauseln der Incoterms geht die Verantwortlichkeit relativ spät auf diesen Akteur über. Bei vielen grenzüberschreitenden Geschäften ist dieses Vorgehen üblich und die Exporteure gehen von sich aus größere Verpflichtungen ein, um ihre Kunden zufriedenzustellen.
Die Incoterms lassen aber auch andere Vereinbarungen zu. So übernimmt beim Incoterm DAP (Ablieferung am Bestimmungsort) der Importeur die Kosten für die Lieferung. Somit gehen auch Verantwortlichkeit und Risiko für den Transport auf ihn über. Zudem wird der Importeur die Zollgebühren und Steuern übernehmen. Bei der DDP-Variante sind diese Kosten bereits bezahlt und der Exporteur ist außerdem für den Transport zu einem Bestimmungsort im Importland verantwortlich.
Frachtführer
Der Frachtführer ist in der Lieferkette das Transportunternehmen, dem die Ware zu einem bestimmten Zeitpunkt übergeben wird. Dieses kann die Verantwortlichkeit für eine schadensfreie Lieferung bereits ab Werk, also durch die Abholung beim Exporteur übernehmen oder aber zu einem späteren Zeitpunkt. Im Allgemeinen ist es üblich, dass der Exporteur die Ware zu einem konkreten Hafen oder Flughafen bringt und sie dort an den Frachtführer übergibt.
Im Vergleich zu Exporteuren und Importeuren kommen dem Frachtführer weniger Verantwortlichkeiten zu. In der Regel muss sogar eine der beiden Hauptvertragsparteien die Versicherung und das Risiko für den Warentransport übernehmen. Dennoch muss der Auftrag der Beförderung ordnungsgemäß ausgeführt werden und bei Fehlern, die eindeutig dem Transporteur zuzuschreiben sind, kann dieser haftbar gemacht werden.
Verantwortlichkeiten, Risiken und Haftung
Haftungsbeschränkungen
Haftungsfragen werden bei internationalen Handelsverträgen meist nach dem UN-Kaufrecht CISG geklärt. Der Vorteil dieses Regelwerks ist, dass es weder den Importeur noch den Exporteur bevorzugt. Es erlaubt die Integration von Haftungsausschlüssen und Haftungsbegrenzungen für verschiedene Fälle. Dies betrifft aber in der Regel unvorhergesehene Ereignisse, die beispielsweise durch höhere Gewalt eintreten. Die Haftungsbeschränkung bei Nichterfüllung der vertraglich vereinbarten Leistungen ist dagegen ausgeschlossen.
Versicherungsanforderungen
Der Transport von Waren geht auch immer mit einem bestimmten Risiko einher. So kann es auf dem Weg zu Verlust, Diebstahl oder Schäden kommen. Wer die Versicherung der Güter für solche Fälle übernimmt, kann im internationalen Handelsvertrag klar geregelt werden. Auch hier ist die Verantwortlichkeit davon abhängig, wann die Sendung an den Frachtführer übergeben wird. Dieser sollte eine eigene Versicherung für von ihm verursachte Schäden abschließen. Je nachdem, ob der Verkäufer oder der Käufer für den Transport zahlt, ergeben sich unterschiedliche Versicherungsszenarien für die beiden Hauptvertragsparteien.
Ein beliebtes Modell ist die Verschiffung von Waren auf Kosten des Verkäufers an einen bestimmten Zielort, wobei der Exporteur die Kosten für Zoll, Verpackung und die Versicherung trägt. In diesem Fall kann der Importeur so lange warten, bis die Sendung an dem von ihm ausgewählten Hafen angekommen ist und übernimmt von dort an die Verantwortlichkeit einschließlich der Versicherung.
Compliance und rechtliche Anforderungen bei internationalen Handelsverträgen
Die Durchsetzung konkreter Rechtsansprüche auf internationaler Ebene kann vergleichsweise schwierig sein, vor allen Dingen dann, wenn keine zwischenstaatlichen Abkommen bestehen und ein Land die Vorschriften der Internationalen Handelskammer ignoriert. Dennoch sind die Regeln des UN-Kaufrechts und die Incoterms relativ bindend, insbesondere dann, wenn man sich auf Schiedsgerichtsbarkeiten einigt.
Sinnvoll ist es ferner, Compliance-Regeln in einen internationalen Handelsvertrag aufzunehmen und diese – für den Fall des Verstoßes – durch entsprechende Haftungsklauseln zu flankieren. Compliance kann hier auch die Einhaltung gewisser Transportrouten beinhalten. Sollten Frachtführer oder Auftraggeber entgegen den Vereinbarungen eine günstigere, aber gefährlichere Strecke wählen, kann das auch unabhängig von einem eintretenden negativen Ereignis zu Strafen führen.
Verantwortlichkeiten richtig regeln: Praktische Tipps für die Vertragsgestaltung
Der beste Tipp, den man Vertragsparteien bei internationalen Handelsgeschäften geben kann, ist es, sich klar an die Incoterms und UN-Kaufvertragsregeln zu halten. Hierüber lassen sich die Verantwortlichkeiten klar abgrenzen.
Mit einer derartigen Abgrenzung und klar geregelten Haftungsbestimmungen können internationale Gerichte im Streitfall effizient Entscheidungen fällen. Es ist jedoch wichtig, den Gerichtsstand und das anzuwendende Recht im Rahmen des Vertrags festzulegen. Teilweise kann es schwierig sein, das eigene Recht im Ausland durchzusetzen.
Schiedsklauseln können hier eine sinnvolle Alternative sein. Die Schiedsgerichtsbarkeit findet zwar außerhalb der offiziellen Gerichte statt, kommt aber dennoch zu Entscheidungen, die für die Vertragsparteien bindend sind. Schiedsstellen können grenzüberschreitend als Mediatoren genutzt werden, um Streitigkeiten bei Handelsverträgen zu schlichten. Auch dies ist einfacher möglich, wenn der Vertrag klare Abgrenzungen der Verantwortlichkeiten der Vertragsparteien beinhaltet.
Fazit zu den Verantwortlichkeiten bei internationalen Handelsverträgen
Um möglichen Problemen bei der Haftung im Rahmen internationaler Handelsverträge entgegenzuwirken, ist es wichtig, die Verantwortlichkeiten frühzeitig festzulegen und zwischen Exporteur, Importeur und ggf. Frachtführer klar abzugrenzen.
Es empfiehlt sich hierbei, den Vorgaben der Internationalen Handelskammer und des UN-Kaufrechts zu folgen, um die Verantwortlichkeiten der einzelnen Parteien eindeutig festzulegen.
Diese Zuordnung ist im Streitfall besonders wichtig, damit Gerichte oder Schiedsstellen zu einer eindeutigen Entscheidung kommen können.
Die Verwendung der Incoterms und des UN-Kaufrechts sowie die Integration von Schiedsklauseln sorgen für deutlich mehr Sicherheit bei der Einhaltung der Regeln und der Bestimmung der Verantwortlichkeiten in internationalen Handelsverträgen.