Führt ein Unternehmen Waren aus anderen Ländern ein oder verkauft es solche nach “Übersee”, muss es die damit verbundenen Zollschulden an das Zollamt abführen. Im Kontext der Gesetze wird das Unternehmen zum “Zollschuldner”. Es müssen nicht immer die Warenlieferungen in den Irak sein: auch Geschäfte innerhalb der EU können zum Inhalt einer Zollprüfung werden. Doch was ist eigentlich die Zollschuld, der das Unternehmen nachkommen muss?
Was ist eine Zollschuld?
Die Zollschuld ist persönlich zu leisten. Alternativ kann die Ware mit Beschlag belegt werden (Beschlagnahmung). Geregelt ist die Zollschuld in Art. 5 Nr. 18 des UZK (Unionszollkodex). Sie ist eine persönliche Zahlungspflicht von Ein- oder Ausfuhrabgaben. Zu begleichen hat sie die zur Erfüllung verpflichteten Person (Art. 5 Nr. 4 UZK). Diese Person ist der Zollschuldner nach Art. 5 Nr. 19 UZK.
Einer Einfuhrzollschuld liegen Einfuhrabgaben (Art. 5 Nr. 20 UZK) zugrunde.
Einer Ausfuhrzollschuld liegen Ausfuhrabgaben (Art.5 N.r. 21 UZK) zugrunde.
Zu unterscheiden ist die Zollschuld von der dinglichen Haftung der Waren. Dabei handelt es sich rechtlich um eine Sachhaftung nach § 76 Abgabenordnung. Diese ist in den einzelnen Mitgliedstaaten geregelt. Die Haftung ist unabhängig von der Zollschuld. Es besteht die Möglichkeit der Beschlagnahmung und Verwertung, wenn die Zollschuld nicht persönlich vom Zollschuldner beglichen wird. Zusätzlich zur Zollschuld können Verzugszinsen (Art. 114 UZK) und ein nationaler Zuschlag (§ 32 III ZollÄVG) anfallen.
Wie kann eine Zollschuld entstehen?
Unterschiedlichste Sachverhalte können Zollschulden verursachen. Sie werden nach Fallgruppen unterschieden:
– Zollschuldrechtliche Grundsätze
– Überlassung in den zollrechtlich freien Verkehr
– Überführung in die vorübergehende Verwendung
– Pflichtverstöße zum Verbringen
– Pflichtverstöße zum Entziehen aus der zollamtlichen Überwachung
– Pflichtverstöße zur Endverwendung
– Nichterfüllung der Abgabenbegünstigungen
– Sonstige Pflichtverstöße
Wann entsteht eine Zollschuld?
Eine Zollschuldentstehung liegt dann vor, wenn der Pflichtverstoß durch pflichtwidriges Unterlassen oder durch aktives Handeln erfolgt. Dieses Handeln oder Unterlassen verhindern die in den zollrechtlichen Vorschriften vorgesehene Verpflichtung.
Wer ist Zollschuldner?
Zollschuldner ist die Person, die eine Zollanmeldung abgibt oder in deren Namen die Zollanmeldung abgegeben wird (Art. 77 Absatz 3 UZG). Auch Vertreter, die ohne Vertretungsmacht handeln, gelten als im eigenen Namen handelnd. Bei der Person, kommt es allein darauf an, ob eine objektive Tatbestandserfüllung gegeben ist. Unerheblich ist, ob die Person von der Vorschriftwidrigkeit wusste oder nicht. Der Nachweis, dass kein Täuschungsversuch vorlag, ist grundsätzlich vom Zollschuldner zu erbringen.
Der Unionszollkodex im Zusammenhang mit der Zollschuld
Innerhalb der Europäischen Union wird das Zollrecht vereinheitlicht. Seit Mai 2016 gilt für alle Mitgliedsstaaten der Unionszollkodex (UZK). Wer Waren in die Zollunion einführt, handelt unter dem UZK.
In Bezug auf die Zollschuld ermöglicht der UZK ihr nachträgliches Entfallen: Entsteht eine Zollschuld bei einem Verstoß, z.B. durch einen fehlerhaften Transport in ein Zolllager, kann sie nachträglich entfallen bzw. erlöschen. Vor der Einführung des UZK entstand bei einem Transport ins Zolllager ein Einfuhrvorgang, der mit einer Abgabenerhebung verbunden war. Selbst wenn der Importeur den Fehler nachträglich korrigierte, fehlte der rechtliche Rahmen, um die entstandenen Einfuhrabgaben zu beseitigen.
So kann eine im Zollverfahren entstandene Zollschuld erlöschen
Geregelt ist das Erlöschen von Zollschulden in Art. 124 UZK. Neben dem Erlöschen aufgrund gültiger Erlöschenstatbestände ist auch der Erlass oder die Erstattung aus Billigkeitsgründen (Art. 120 UZK) möglich.
Erlöschenstatbestände:
1 Verjährung Artikel 124 Abs. 1a UZK (Fristen Art. 103 UZK, § 228 Abgabenordnung)
2 Zahlung des Abgabenbetrags Artikel 124 Abs. 1b UZK)
3 Erlass des Abgabenbetrags Artikel 124 1c, vorbehaltlich Abs. 5 UZK
zu 1 – 3) Die Zollschuld kann durch Verjährung oder Begleichung erlöschen. Zahlt einer von mehreren Zollschuldnern seinen Abgabenbetrag, erlischt auch nur seine Zollschuld.
4 Ungültigkeitserklärung der Zollanmeldung Art. 124 Abs. 1 d) UZK
Wurde die zugrundeliegende Zollanmeldung für ungültig erklärt, erlischt auch die Zollschuld.
5 Einziehung Art. 124 Abs. 1 e)
Die Ware, für die eine Zollschuld besteht, kann eingezogen werden. Auch kann der Zollschuldner wirksam auf die Ware verzichten. Mit der Einziehung erlischt auch die Zollschuld.
6 Zerstörung oder Aufgabe Art. 124 Abs. 1 f)
Bei einer gezielten Zerstörung unter zollamtlicher Überwachung erlischt die Zollschuld. Eventuelle Kosten für die Zerstörung sind vom Besitzer der Waren zu tragen (Art. 197 UZK). Der Besitzer kann die Ware zugunsten der Staatskasse aufgeben. Dies bedarf jedoch eines genehmigten Antrags bei den Zollbehörden.
7 Zerstörung oder Verlorengehen Art. 124 1 g)
Bei vollständiger Zerstörung oder unwiederbringlichem Verlust der Ware erlischt auch die Zollschuld. Zerstörung bzw. Verlust können durch höhere Gewalt, unvorhersehbare Ereignisse, auf Anweisung der Zollbehörden oder wenn die Ware nicht mehr verwendbar ist eintreten.
8 Erlöschen bei Verstößen Art. 124 Abs. 1 h)
Entstand eine Zollschuld aufgrund von Verstößen, kann sie nur erlöschen, wenn:
– Der Verstoß kein Täuschungsversuch war
– Der Verstoß keine erheblichen Auswirkungen auf die Abwicklung des Zollverfahrens hatte
– Nachträglich alle Formalitäten erfüllt sind, um die Situation zu bereinigen.
9 Ausfuhr mit Zustimmung der Behörden Art. 124 Abs. 1 i)
Wird die Ware aufgrund ihrer Endverwendung einfuhrabgabenfrei oder zum ermäßigten Einfuhrabgabensatz dem freien Verkehr überlassen, um dann mit Zustimmung der Zollbehörden ausgeführt zu werden, ist ein Erlöschen der Zollschuld möglich.
10 Draw-Back-Verbot Art. 124 Abs. 1 j)
Werden sämtliche Präferenzpapiere für ungültig erklärt, kann die Zollschuld erlöschen.
11 Verbringung aus dem Zollgebiet Art. 124 Abs. 1 k)
Wird nachgewiesen, dass die Waren aus dem Zollgebiet der Europäischen Union eingeführt wurden und weder verwendet noch verbraucht sind, erlischt die Zollschuld.
12 Erlöschen bei einzelnen Gesamtschuldnern Art. 124 Abs. 5
Haften mehrere Personen gesamtschuldnerisch für die Zollschuld, erlischt die Zollschuld nach einem Abgabenerlass nur für die betroffene Person.
13 Erlöschen bei Personen mit Beitrag zur Betrugsbekämpfung Art. 124 Abs. 7
Wurde selbst kein Täuschungsversuch vorgenommen, sondern zur Betrugsbekämpfung beigetragen, kann eine Zollschuld nach Prüfung des Einzelfalls erlöschen.
Wichtig ist, dass Ihr ausländischer Lieferant die Handelsrechnung ohne die ausländische Umsatzsteuer ausstellt. Zusätzlich zu den gelisteten Angaben können eventuell zusätzliche Anforderungen hinzukommen.
Zollschuld: Ab wann spricht man von Täuschung?
Eine Täuschung setzt immer einen Vorsatz voraus. In der UZK ist der Begriff nicht konkret geregelt. Das Bundesfinanzministerium setzt ein vorsätzliches und betrügerisches Handeln des Zollschuldners voraus. Damit entspricht die Täuschung im Zusammenhang mit einer Zollschuld dem Vorsatz der Steuerhinterziehung in § 370 AO.
Zollschuld: Eine Strafe mindern oder bereinigen
Der Versuch, den Verstoß zu bereinigen bzw. den Fehler zu beheben, kann die Strafe mindern. Dies muss geschehen, bevor der Zoll Kenntnis vom Verstoß erlangt. Häufiger als das vorsätzliche Vergehen ist jedoch ein fahrlässig begangenes Zolldelikt. Doch auch die können mit hohen Bußgeldern belegt werden, denn das Europäische Recht sieht Sanktionen für Unternehmen vor.
Zollschuld: Einen Verstoß bereinigen
Von einer strafbaren Steuerhinterziehung wird ausgegangen, wenn eine
– unvollständige
– verspätete
– fehlerhafte
Zollanmeldung abgegeben wird.
Eine Steuerhinterziehung liegt jedoch erst mit einem “Hinterziehungserfolg” vor. Ist es also tatsächlich zu einer Zollverkürzung gekommen und erlangt die Zollbehörde Kenntnis vom Verstoß, liegt der Tatbestand der Steuerhinterziehung vor. Wird der Verstoß bereinigt, bevor die Zollbehörde Kenntnis erlangt, kann ein Strafverfahren verhindert werden.
Zollschuld: Einen Fehler beheben
Bleibt beim Erlöschen einer Zollschuld ein Verkürzungserfolg bestehen, kann der Verstoß strafrechtlich verfolgt werden. Auch die neue Regelung des UZK ändern daran nichts. Häufig führen solche Korrekturen jedoch zur Strafminderung oder sogar zur Einstellung des Verfahrens.
Tax-and-Customs-Compliance: So ist der Zusammenhang zur Zollschuld
Im Unternehmen haftet grundsätzlich die Geschäftsleitung und wird in Strafverfahren zur Rechenschaft gezogen. Selbst wenn im Unternehmen kein Verantwortlicher ausfindig gemacht werden kann, wird meist ein Bußgeld wegen unterlassener Aufsichtsmaßnahmen verhängt. Dem können Tax-and-Customs-Compliance-Maßnahmen entgegenwirken. Bereits das Fehlen entsprechender Organisationsstrukturen kann zur Begründung eines vorsätzlichen Tatverdachts führen – anstatt einer fahrlässigen Tatbegehung.
Aufgaben des Compliance-Beauftragten zur Vermeidung einer Zollschuld
Der Compliance-Beauftragte trifft alle Maßnahmen, um Straftaten zu verhindern. Werden sie trotzdem begangen, ist er als Berater des Unternehmens tätig – bis hin zur Verteidigung vor Gericht.
Er übernimmt
– Regelmäßige Kontrolle von Geschäfts- und Produktionsabläufen
– Schulung und Aufklärung der Mitarbeiter zu gesetzlich relevanten Vorschriften, Richtlinien und Checklisten
– Aufbau einer Organisationsstruktur für das Compliance-Management, um Straftaten zu minimieren.
Zollschuld vermeiden: Vorteile durch den Compliance-Mitarbeiter
Ordnungswidrigkeiten können – bei vorsätzlichen Taten – mit bis zu 10 Millionen Euro belegt werden (§ 30 Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, OWiG). Bei Straftaten können Gerichte und Strafverfolgungsbehörden das Fehlen eines Compliance-Managements als Verschulden des Unternehmens werten. Gleichzeitig kann sich ein aktiver Compliance-Beauftragter mildernd auf die Höhe des Bußgeldes auswirken. Mit dem Compliance-Officer sinkt das persönliche Haftungsrisiko der Gesellschafter.
Zollschulden vermeiden: Interne oder externe Compliance-Beauftragte?
Der Compliance-Officer überwacht das rechtskonforme (compliant) Verhalten der Mitarbeiter. Er trägt die Gesamtverantwortung, wenn es um die ordnungsgemäße Abwicklung und die Verhinderung von strafrechtlich relevanten Verstößen geht. Der Compliance-Beauftragte des Unternehmens übernimmt damit die Verantwortung, die normalerweise die Geschäftsleitung trägt.
Für kleine und mittelständische Unternehmen muss keine Vollzeitstelle für den Compliance-Beauftragten eingerichtet werden. Auch externe Compliance-Beauftragte können – ähnlich dem externen Datenschutzbeauftragten – für das Unternehmen tätig werden.
Waren mit einem geringen Wert (unter 22 Euro Zollwert), die auf dem Postweg eingeführt wurden, waren bis Ende 2020 von der Einfuhrumsatzsteuer befreit. Ab Anfang 2021 entfiel diese Freigrenze.