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Grüne Logistik im Überseeversand: CO2-Kompensation & Dokumentation

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In der internationalen Handelslogistik spielen Kosteneffizienz und Liefergeschwindigkeit als traditionelle Parameter nach wie vor eine entscheidende Rolle. Im grenzüberschreitenden Lieferverkehr rücken zunehmend aber auch ökologische Faktoren und Umweltschutzaspekte in den Fokus der Entscheidungen. Der Begriff „Grüne Logistik“ beschreibt die umweltfreundliche Gestaltung von Transportprozessen unter Berücksichtigung nachhaltiger Praktiken und entwickelt sich durch regulatorische Anforderungen und veränderte Markterwartungen zu einem zentralen Element in der Logistik.

Dabei gerät gerade der Überseeversand als emissionsintensiver Bereich in den Fokus. Mit einem Anteil von 2,6 Prozent an den globalen CO2-Emissionen (Quelle: Umwelt-Bundesamt steht die Schifffahrtsindustrie unter zunehmendem Druck, ihre Umweltbilanz zu verbessern. Was bedeutet dies für den Überseeversand und die damit verbundenen Logistikketten?

Regulatorische Grundlagen der grünen Logistik

Die rechtlichen Grundlagen für nachhaltige Transportpraktiken im internationalen Handel finden sich auf verschiedenen Ebenen der Gesetzgebung. Auf Ebene der Europäischen Union (EU) bildet der „European Green Deal“ den Rahmen, der bis 2050 Klimaneutralität anstrebt. Die EU-Taxonomie-Verordnung (Verordnung (EU) 2020/852) definiert dabei einheitliche Umweltziele – Klimaschutz, nachhaltige Wassernutzung, Kreislaufwirtschaft oder den Schutz der Ökosysteme – für ökologisch nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten und erfasst explizit auch Transportdienstleistungen.

Besondere Relevanz für den Überseeversand hat die Maritime-Fuel-EU-Verordnung, die seit dem 1. Januar 2025 in der Schifffahrt schrittweise strengere Grenzwerte für die Treibhausgasintensität einführt. Die Regelung verpflichtet Reedereien, zwischen 2025 und 2050 die Reduzierung von anfänglich zwei Prozent gegenüber dem Referenzwert (91,16 g CO2 Äquivalent/MJ) auf 80 Prozent zu erhöhen. Zudem bezieht das EU-Emissionshandelssystem (EU-ETS) seit 2024 auch die Seeschifffahrt ein und erfasst ab 2026 100 Prozent der auf diesem Weg entstehenden Emissionen.

Des Weiteren müssen Unternehmen die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) beachten, die weitreichende Berichtspflichten festlegt und vor allem von größeren Handelsunternehmen in den kommenden Jahren die Offenlegung umfassender Informationen – auch im Bereich Klimaschutz – fordert. Ob ein Unternehmen entsprechend verpflichtet werden kann, entscheidet sich anhand seiner Bilanzsumme, seines Nettoumsatzerlöses und der Zahl der Beschäftigten während eines Geschäftsjahres.

CO2-Kompensationsmechanismen im Überseeversand

Die Umsetzung der CO2-Kompensation im Seefrachtverkehr kann in der Praxis über verschiedene Mechanismen erfolgen. Beim direkten Ansatz erfolgt die Kompensation durch den Erwerb zertifizierter Emissionsgutschriften (CO2-Zertifikate oder Carbon Credits), die Projekte zur CO2-Reduzierung oder Bindung finanzieren. Der Emissionshandel basiert darauf, dass jedes Zertifikat eine gewisse Menge an Treibhausgasemissionen repräsentiert, das eigene Emissionen ausgleicht.

Als alternativer Ansatz kommt die Nutzung nachhaltiger Schiffskraftstoffe (Sustainable Marine Fuels) in Betracht, deren höhere Kosten als Kompensationsaufwand angesehen werden können. Biokraftstoffe, synthetische Kraftstoffe oder Wasserstoff-basierte Antriebe reduzieren die direkten Emissionen, die durch den Transportvorgang entstehen, verursachen im Vergleich zu konventionellen Schwerölen allerdings Mehrkosten.

In diesem Zusammenhang haben sich „Book-and-Claim-Systeme“ etabliert, die ähnlich wie der Emissionshandel funktionieren. Eine Reederei erwirbt nachhaltigen Kraftstoff, nutzt diesen aber nicht selbst auf dem Transportweg, sondern stellt ihn dem Markt zur Verfügung. In einem dafür ausgestatteten Hafen kann ein anderes Schiff dann den nachhaltigen Treibstoff aufnehmen, während die Reederei die Emissionsreduktion geltend macht.

Die Rolle der Dokumentation in der grünen Logistik

Die durch Kompensationen entstehenden Mehrkosten können zollrechtlich – sofern sie klar dem Transportvorgang zuordenbar sind – als Nebenkosten der Beförderung behandelt werden. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang eine klare Dokumentation des Zusammenhangs von Kompensationsmaßnahmen und Transportvorgang. Für Unternehmen, die in den Überseeversand involviert sind und Emissionen in der Lieferkette nach- bzw. ausweisen müssen, ist die ordnungsgemäße Dokumentation demzufolge von entscheidender Bedeutung.

Es ist in diesem Zusammenhang erforderlich, alle Emissionsaspekte quantitativ und qualitativ zu erfassen. Für Ein- und Ausfuhrprozesse müssen daher entsprechende Dokumente vorliegen, die den CO2-Fußabdruck der Sendung sowie die Erfüllung der Voraussetzungen der CO2-Kompensation belegen.

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Diese Dokumentation muss auf der Grundlage anerkannter Berechnungsmethoden für die Emissionen erfolgen – beispielsweise die Verfahren der Clean Cargo Working Group – oder auf den IMO-Leitlinien (Internationale Seeschifffahrts-Organisation) für die Treibhausgasbilanzierung in der Schifffahrt basieren. In die Berechnung fließen neben spezifischen Emissionsfaktoren auch Aspekte wie:

  • der Schiffstyp,
  • die Motoreffizienz,
  • der Auslastungsgrad,
  • die Transportdistanz und
  • die verwendeten Kraftstoffe

ein.

Damit die Dokumentation zollrechtlich anerkannt wird, sind bestimmte Anforderungen zu erfüllen. Zum Beispiel müssen die Kompensationszertifikate eindeutig dem jeweiligen Transportvorgang zuordenbar sein. Außerdem darf keine Mehrfachverwendung erfolgen. Für die ausstellenden Organisationen/Projekte ist es erforderlich, dass diese entsprechend akkreditiert sind und festgelegte Standards einhalten.

Best Practices für den Aufbau einer grünen Logistik

Der praktische Aufbau einer grünen Logistikstruktur erfordert eine umfassende Bewertung der existierenden Prozesse und deren Optimierung. Gerade die Integration in bestehende Dokumentationssysteme kann zu einer Herausforderung werden. Frachtbriefe, Zollpapiere und Handelsrechnungen müssen entsprechende Verweise auf Kompensationsmaßnahmen enthalten, die über Referenznummern eine lückenlose Nachverfolgung ermöglichen. Wie sehen weitere Best Practices beim Aufbau grüner Logistikstrukturen aus?

  • Strategische Grundlagen entwickeln: Die Nachhaltigkeitsstrategie ist die Basis einer erfolgreichen grünen Logistik. Handelsunternehmen sollten daher zunächst eine Basisanalyse ihrer aktuellen CO2-Emissionen durchführen und konkrete Reduktionsziele definieren. Die daraus abgeleiteten Nachhaltigkeitsziele für die Logistik werden in KPIs (Key Performance Indicators bzw. Leistungskennzahlen) übersetzt, mit denen ein kontinuierliches Monitoring möglich ist.
  • Technische Integration optimieren: Die Implementierung spezialisierter Transportmanagementsysteme mit integrierten CO2-Berechnungsmodulen ermöglicht eine automatisierte Emissionserfassung. Über die Einbindung von Schnittstellen der Kompensationsanbieter in die Logistiksoftware kann eine direkte Abwicklung der Maßnahmen erreicht werden.
  • Lieferantenmanagement optimieren: Für den Aufbau einer grünen Logistik ist die Entwicklung nachhaltiger Beschaffungsrichtlinien und die systematische Bewertung von Logistikdienstleistern nach Umweltkriterien erforderlich. Langfristige Partnerschaften mit Reedereien, die in nachhaltige Kraftstoffe investieren, reduzieren Emissionen und können – durch eine perspektivische Verringerung der Anschaffungskosten – auch langfristig Kompensationskosten senken.
  • Dokumentationsstandards entwickeln: Der Aufbau einheitlicher Dokumentationsstandards für alle Kompensationsmaßnahmen vereinfacht die Erfassung und Verarbeitung – sowohl intern als auch im Hinblick auf die Zollabwicklung. Durch die Vereinheitlichung reduziert sich zudem die Häufigkeit von Compliance-Fällen, was zu einer Entlastung der Mitarbeiter führt.
  • Kontinuierliche Optimierung: Regelmäßige Audits der Kompensationsqualität und die Überprüfung neuer Technologien auf ihre Praxisrelevanz für die eigene Logistikkette erreichen eine kontinuierliche Verbesserung der eigenen Umweltbilanz sowie der Kosteneffizienz über die grüne Logistikkette.

Fazit: Nachhaltige Transportlösungen gewinnen im Überseeversand weiter an Bedeutung

Der Aufbau einer nachhaltigen Lieferkette und die Integration grüner Logistikpraktiken in den Überseeversand wird vor dem Hintergrund einer sich verändernden regulatorischen Landschaft für Unternehmen immer wichtiger. Wer sich frühzeitig dazu entscheidet, Ansätze zur CO2-Kompensation in die Lieferkette zu implementieren und eine entsprechende Dokumentation aufzubauen, kann sich nicht nur im Hinblick auf Compliance-Fragen einen Vorsprung erarbeiten. Es entstehen auf lange Sicht auch Wettbewerbsvorteile durch ein zunehmend nachhaltigkeitsorientiertes Marktumfeld.

Die erfolgreiche Umsetzung erfordert eine Herangehensweise, die nicht nur Einzelaspekte, wie technologische Lösungen, die Regulierung oder eine wirtschaftliche Optimierung erfasst. Vielmehr bedarf es eines Ansatzes, der grüne Logistik als Gesamtkonzept begreift. Dabei gewinnt die Zusammenarbeit mit spezialisierten Transportdienstleistern und professionellen Zollagenturen an Bedeutung, da diese über das erforderliche Know-how zur Bewältigung der komplexen rechtlichen und technischen Anforderungen verfügen.

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