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Zollverfahren für virtuelle Güter: Behandlung von Softwarelieferungen und Daten

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Im internationalen Warenverkehr kommt es regelmäßig vor, dass zwischen Unternehmen und im B2C-Bereich Wirtschaftsgüter wie Software und Daten ausgetauscht oder über Onlineplattformen genutzt werden. Dabei handelt es sich um virtuelle Waren, also solche, die in Netzwerken oder auf Datenträgern existieren.

Besonders im Hinblick auf Online-Softwarelösungen stellt sich die Frage, wie diese zollrechtlich behandelt werden. SaaS-Produkte (Software as a Service) werden für den Zugriff auf Servern bereitgehalten und können über Ländergrenzen hinweg benutzt werden. Ein weitere wichtige Frage betrifft die zollrechtliche Abwicklung, wenn virtuelle Güter Teil einer realen Warenlieferung – etwa bei der Ein- und Ausfuhr von Maschinen – sind.

Zollrechtliche Einordnung virtueller Güter

Vor dem Blick auf die zollrechtliche Behandlung muss zunächst eine Klärung und Unterscheidung zwischen den Begriffen „virtuelle“ und „immaterielle Wirtschaftsgüter“ stattfinden. Obwohl beide Kategorien sich auf nicht-physische Güter beziehen, unterliegen sie unterschiedlichen zollrechtlichen Rahmenbedingungen, weshalb sie weder miteinander verwechselt noch synonym gebraucht werden sollten.

Virtuelle Güter sind digitale Produkte oder Dienstleistungen, die in rein elektronischer Form bestehen und über digitale Netzwerke bereitgestellt oder genutzt werden. Sie sind softwarebasiert und lassen sich entweder herunterladen oder cloudbasiert nutzen. Beispiele für virtuelle Güter sind:

  • Software (wie Betriebssysteme, Office-Programme, CAD-Anwendungen),
  • SaaS-Dienste und
  • digitale Medien.

Als immaterielle Güter gelten in der Regel Rechte oder Lizenzen zur Nutzung bzw. Verwertung, die seitens des Rechteinhabers eingeräumt werden müssen. Es handelt sich somit um geistiges Eigentum oder wirtschaftliche Vermögenswerte, die vertraglich übertragen werden. Typische Beispiele sind:

  • Patente,
  • Marken und Urheberrechte,
  • Lizenzen für Software sowie
  • Konzessionen und Verwertungsrechte.

Die Unterscheidung zwischen den Gütergruppen hat in der Praxis auf den ersten Blick nur geringe Auswirkungen, da sowohl virtuelle als auch immaterielle Güter im (auf den physischen Warenverkehr ausgerichteten) Zollrecht keinem klassischen Verzollungsverfahren unterliegen.

Aber gerade aufgrund des Marken- und Urheberrechts sowie Lizenzierungen können immaterielle Wirtschaftsgüter unter Umständen anders behandelt werden, wenn sie als wertbildender Faktor in materielle Wirtschaftsgüter einfließen. Beispiele sind CNC-Maschinen mit vorinstallierter Steuerungssoftware oder markenrechtlich geschützte Bekleidung.

Die Behandlung virtueller Güter im Zollrecht

Wie virtuelle Güter bei der Ein- bzw. Ausfuhr zu behandeln sind, ist unter anderem im Rahmen verschiedener Handelsabkommen geregelt. Im Juli 2024 einigten sich über 90 Mitgliedstaaten der Welthandelsorganisation (WTO) auf ein Abkommen zur Behandlung des elektronischen Handels einschließlich der Übertragung digital gehandelter Güter und Dienstleistungen („Agreement on e-Commerce (AEC)“ bzw. „E-Commerce-Abkommen“).

Neben der Implementierung von Maßnahmen zum Schutz personenbezogener Daten und einer Erhöhung der Cybersicherheit beschäftigt sich das E-Commerce-Abkommen auch mit Fragen der zollrechtlichen Behandlung und Abwicklung digitaler Güter. Zusätzlich implementiert die Europäische Union (EU) in Handelsabkommen inzwischen auch Bestimmungen zum elektronischen Handel. Darüber hinaus sind für die zollrechtliche Bewertung virtueller Güter das „Information Technology Agreement (ITA)“ und das „Trade Facilitation Agreement (TFA)“ relevant.

So werden im Rahmen des ITA innerhalb der Teilnehmerländer die Technologiegüter zollfrei gestellt. Das Abkommen ist für Hersteller insofern relevant, als dass in diesem Zusammenhang auch technische Produkte wie Medizingeräte, Konsolen oder Router und technische Komponenten wie Halbleiter erfasst werden. Mithilfe des TFA wurden allgemeine Zollerleichterungen für den internationalen Warenverkehr geschaffen.

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Die Sonderstellung vollständig virtueller Güter

Im Hinblick auf die Abwicklung von Zollverfahren genießen virtuelle Güter eine Sonderstellung. Dies ergibt sich aus der Tatsache, dass das Zollrecht in erster Linie auf physische Waren ausgerichtet ist, insbesondere im Hinblick auf die Tarifierung, die Ursprungs- und Zollwertbestimmung und die Zollabfertigung. Letztere umfasst die Prüfung der Verzollungsangaben und die Erhebung der Einfuhrabgaben. Virtuelle Güter lassen sich nicht ohne Weiteres in diese Prozesse einordnen, da sie weder in physischer Form existieren noch über traditionelle Wege transportiert und vertrieben werden.

Bei vollständig virtuellen Gütern, die ausschließlich online verfügbar sind (z.B. Software-Downloads, digitale Daten oder Cloud-Dienste), erfolgt kein physischer Grenzübertritt, weshalb sie unter dem zollrechtlichen Gesichtspunkt nicht als Ware gelten. Damit entfällt die Grundlage eines klassischen Zollverfahrens mit der Verbringung von Waren in Zolllager sowie der Einfuhrkontrolle.

Zudem gibt es für diese virtuellen Güter keine Zolltarifnummern in der Kombinierten Nomenklatur (KN) der EU oder dem Harmonisierten System (HS) der Weltzollorganisation (WZO). Damit ist eine Zollanmeldung dieser virtuellen Produkte nicht erforderlich. Schon aus praktischen Gründen würde dieser Versuch auf Hürden stoßen – etwa hinsichtlich der Festlegung des Ursprungs, da sich die Frage stellt, ob hier das Land des Entwicklers oder der Serverstandort entscheiden.

Gut zu wissen:

Auch, wenn der Vertrieb nicht verkörperter Produkte keine Zollanmeldung nach sich zieht, handelt es sich um einen steuerrechtlich relevanten Vorgang. Allerdings sind dafür nicht die Zoll-, sondern die Steuerbehörden zuständig.

Handelt es sich bei den virtuellen Gütern um SaaS, erfolgt keine digitale Lieferung eines Wirtschaftsguts. Nutzer greifen auf eine digitale Plattform zu, die digitale Lösungen für verschiedene Zwecke anbietet. Hier erfolgt kein zollrechtlich relevantes Import- oder Exportgeschäft. Allerdings sind damit erzielte Umsätze steuerrechtlich relevant. Zusätzlich stellt sich mitunter die Frage nach Zugangskontrollen – etwa im Zusammenhang mit Dual-Use-Anwendungen, die sowohl zivilen als auch militärischen Zwecken dienen können.

Die Behandlung verkörperter virtueller Güter

Software und andere digitale Produkte/Leistungen können auch auf physischen Datenträgern gespeichert und grenzüberschreitend transportiert werden. In diesem Zusammenhang gelten besondere Vorschriften innerhalb des Zollrechts. Wesentlichen Einfluss hat dabei der jeweilige Datenträger. Die Zollanmeldung erfolgt anhand der für diesen vorgesehenen Zolltarifnummer. Es ist zu empfehlen, auf der Handelsrechnung den Wert der virtuellen Güter und des Datenträgers getrennt anzugeben, um die Zollabwicklung zu erleichtern. Unternehmen können basierend auf den Warengruppen aus dem ITA den Ex- bzw. Import häufig zollfrei abwickeln.

Im Zusammenhang mit den verkörperten virtuellen Gütern kann es sich auch um Teile einer Warenlieferung handeln – beispielsweise wenn die Software Bestandteil einer Maschine ist. Diese sogenannte „Embedded Software“ wird nicht getrennt von den elektronischen Geräten betrachtet. Zollrechtlich handelt es sich um eine Einheit, für die sich der Zollwert aus der Summe der Einzelwerte ergibt. Bei der Verwendung eines lizenzierten Softwareprodukts fließen die Lizenzgebühren in den Gesamtwert der Warenlieferung ein. Da der ITA-Warenkatalog in verschiedenen Bereichen – wie beispielsweise bei den Medizingütern – sehr weit gefasst ist, müssen Unternehmen vor der Zollanmeldung prüfen, ob hier möglicherweise eine zollfreie Behandlung in Frage kommt.

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Die Bewertung der technischen Dokumentation und von Patches

Technische Dokumentationen zu virtuellen Gütern fallen – sofern sie ebenfalls als nicht verkörperte Lieferung vertrieben werden – ebenfalls unter die Regelungen zur Zollfreiheit. Unternehmen müssen in diesem Zusammenhang bezüglich der Formate und Standards aber die jeweils spezifischen Regelungen des Einfuhlandes berücksichtigen, was gegebenenfalls auch den Zuständigkeits- und Aufgabenbereich des Compliance-Beauftragten berühren kann.

Eine physisch verfügbare Dokumentation unterliegt den regulären Zollvorschriften. Dabei sind die für die jeweiligen Datenträger und Medien geltenden Zollvorschriften zu berücksichtigen. Updates und Patches, die im Rahmen der Serviceleistungen für Softwareprodukte verfügbar gemacht werden, sind bei einem rein digitalen Vertrieb zollrechtlich nicht von Bedeutung, da sie wie andere virtuelle nicht-verkörperte Güter behandelt werden.

Herausforderungen bei Dual-Use- und sicherheitskritischer Software

Wie technische Geräte kann auch eine virtuelle Ware – wie eine KI-basierte Software zur Drohnensteuerung oder Luftbildaufklärung – sowohl zivilen als auch militärischen Zwecken dienen. Für solche Dual-Use-Güter gelten besondere Ausfuhrbestimmungen.

In diese Kategorie können unter anderem Simulationssoftware, die sich in militärische Trainings einbinden lässt, oder Verschlüsselungssysteme fallen. Für den Export aus der EU ist beispielsweise die EU-Dual-Use-Verordnung (Verordnung (EU) 2021/821)  (aktualisiert durch die Delegierte Verordnung (EU) Nr. 2024/2547 der Kommission vom 5. September 2024) relevant, die die Exportkontrolle und das Ausfuhrverfahren regelt.

Fazit: Virtuelle Güter können oft ohne Zollanmeldung vertrieben werden

In einer zunehmend digitalen Welt nehmen virtuelle Güter eine wachsende Funktion ein. Viele Unternehmen setzen beispielsweise auf Software, die in Deutschland entwickelt und weltweit online vertrieben wird. Da das Zollrecht aber primär auf physische Güter ausgerichtet ist, entstehen neue Herausforderungen. Vollständig virtuelle Güter können vor diesem Hintergrund ohne Zollanmeldung vertrieben werden.

Diese Tatsache bedeutet aber nicht, dass auch steuerrechtlich eine Grauzone entsteht. Das Thema Mehrwertsteuer bleibt relevant. Zudem müssen sich Unternehmen mit der Frage beschäftigen, ob die betreffenden virtuellen Güter möglicherweise Dual-Use-Produkte sind, da dann strengere Ausfuhrregeln gelten. Um als Unternehmen alles richtig zu machen und die eigene Compliance-Abteilung zu entlasten, kann sich die Zusammenarbeit mit einem erfahrenen Verzollungsbüro auszahlen.

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