Digitalisierung, Blockchain und künstliche Intelligenz (KI) – Faktoren, die inzwischen auch in international ausgerichteten Handelsprozessen eine Rolle spielen. Für Zollagenturen stellt sich aufgrund der in vielen Geschäftsbereichen stattfindenden digitalen Transformation die Aufgaben, diesen Prozess innovativ zu begleiten. Als Innovation Hubs können sie eine zentrale Rolle bei der Implementierung verschiedener Technologien und der Optimierung grenzüberschreitender Handelsprozesse übernehmen.
Zollagenturen als zentrale Digitialisierungsschnittstelle
In der Vergangenheit haben sich Zollagenturen auf die Abwicklung standardisierter Zollverfahren und die Einhaltung regulatorischer Vorgaben konzentriert. Die digitale Transformation im grenzüberschreitenden Handel erfordert jedoch eine Überarbeitung und Neuausrichtung des Geschäftsfelds.
Zollagenturen, die nicht nur professionell, sondern auch modern aufgestellt sind, entwickeln sich für Unternehmen, die internationalen Handel betreiben, immer mehr zu wichtigen Partnern, die sie bei der Implementierung innovativer Technologien begleiten und dabei helfen, Wettbewerbsvorteile durch digitale Prozessoptimierungen in der Logistik und Lieferkette zu realisieren.
Diese Transformation zeigt sich unter anderem an der Entwicklung spezialisierter Beratungsangebote im Bereich der sogenannten „Emerging Technologies“ (neue, innovative Technologien). Zollagenturen erweitern damit ihr traditionelles Know-how und ihr Dienstleistungsportfolio um eine Expertise in Themen wie blockchain-basierter Lieferkettenverfolgung, Internet-of-Things-Integration (IoT-Vernetzung physischer Objekte über das Internet) und Predictive Analytics (Datenanalyse, um mögliche Störungen vorherzusagen und Lösungen zu entwickeln).
Durch diese Erweiterung des traditionellen Leistungsspektrums positionieren sich Zollagenturen als Transformationspartner ihrer Kunden. Zu den Kernkompetenzen einer Zollagentur als Innovation Hub gehören:
- Vermittlung von Digitalisierungskompetenz: Durch gezielte Schulungen, Workshops und Austauschplattformen erhöht die Agentur das digitale Know-how von Kunden und Partnern, um diese bei den Transformationsprozessen aktiv begleiten zu können.
- Innovationsmanagement: In der Zollverwaltung werden kontinuierlich neue IT-Lösungen implementiert. Als Hub liegt ein Fokus der Zollagenturen auf einem umfassenden Innovationsmanagement für ihre Kunden, um auf Veränderungen, akute Krisensituationen oder regulatorische Anpassungen flexibel reagieren zu können.
- Validierung digitaler Lösungen: Innovation Hubs ermöglichen das Testen von KI-Systemen oder Automatisierungslösungen, bevor das Unternehmen größere Summen in solch eine Technologie investiert. Dank ihrer Erfahrungen im Bereich der Zollverfahren kann die Zollagentur die Praxistauglichkeit der einzelnen Elemente bewerten.
- Effizienzsteigerung und Optimierung: Durch die Einbindung digitaler Prozesse sind Effizienzsteigerungen möglich, die zu kürzeren Lieferfristen und besseren Lieferbedingungen führen. Damit diese Ziele erreicht werden, müssen die richtigen Verfahren eingeführt werden. Digital ausgerichtete Zollagenturen begleiten die Suche nach den optimalen Tools aktiv.
Erfolgsfaktoren für digitale Transformation: Welche Eigenschaften muss eine Zollagentur mitbringen
KI und Blockchain-basierte Dokumentationslösungen entwickeln sich vor dem Hintergrund der digitalen Transformation immer stärker zu sogenannten „Buzzwords“. Damit eine Zollagentur den gestellten Anforderungen gerecht wird, muss sie gewisse Voraussetzungen erfüllen.
- Agiles Mindset und Innovationskultur: Die Fähigkeit, das Potenzial neuer Technologien zu erkennen und deren Potenzial – beispielsweise zur einfachen Ermittlung von Zollsätzen oder in der Optimierung der Dokumentation – abzuschätzen, setzt ein zukunftsorientiertes Mindset voraus und den Anspruch, neue Vorgehensweisen und Denkanstöße in den Alltag einzubinden.
- Hohe Technologieaffinität: Zollagenturen können sich nur als Innovation Hub etablieren, wenn sie selbst bereit sind, die Automatisierung von Prozessen aktiv wahrzunehmen und Schnittstellen für Kunden, Logistikpartner und Behörden zu integrieren. Die Nutzung von KI und Automatisierungstools ist ein wichtiger Schritt, um deren Stärken und Schwächen im praxisnahen Einsatz zu erkennen.
- Digitalisierungskompetenz: Die digitale Transformation ist ein dynamisches Umfeld, das regelmäßige Schulungen für Mitarbeitende und Kunden im Umgang mit neuen Tools voraussetzt. Nur so lässt sich die nötige technische Kompetenz entwickeln. Zollagenturen, die diesem Ansatz folgen, können digitale Führungskompetenz aufbauen und sich als Impulsgeber im Change-Management profilieren.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Vernetzung. Um bei den neuesten Trends und Entwicklungen nicht den Anschluss zu verlieren, braucht es einen Zugang bzw. eine Kooperation mit Digital Hubs und Behörden, um aktuelle Technologien in die Zollberatung und praktische Umsetzung der Digitalisierung einzubinden. Der Aufbau bzw. die Nutzung von Plattformen für den Wissenstransfer und Innovationsdatenbanken macht die Begleitung bei der Digitalisierung durch eine Zollagentur zu einem wichtigen Element, um sich gegenüber den Wettbewerbern einen Vorteil zu verschaffen.

Beispiele für digitale Innovationen in der Zollabwicklung
Wie kann die Kooperation einer Zollagentur, die als Innovation Hub agiert, mit Handelsunternehmen in der Praxis aussehen? Anhand der folgenden Beispiele lässt sich das Potenzial illustrieren.
Die Automation der Zollabwicklung durch KI-basierte Systeme, welche die Prüfung von Zollpräferenzen, Zoll-Codes und Dokumentationspflichten übernehmen. Auf diese Weise lässt sich die Fehlerquote und der Zeitaufwand für die Bearbeitung reduzieren.
Ein weiteres Beispiel ist die Implementierung von Schnittstellen, um den digitalen Dokumentenaustausch zu realisieren oder über die Integration von IoT-Systemen und die Sensorik das Monitoring logistischer Prozesse (wie eine Überwachung von Sendungen bzw. zur Kontrolle temperatursensibler Warengruppen zu gewährleisten.
Ein weiterer wichtiger Aspekt, der im Rahmen von zollrelevanten Prozessen eine Rolle spielt, ist das Thema Compliance. Handelsunternehmen, die in verschiedene Märkte involviert sind, benötigen Compliance-Beauftragte mit einer umfassenden Wissensbasis. Die Integration digitaler Lösungen zur Auswertung aktueller Lieferprozesse und der KI-gestützte Abgleich mit Compliance-Regeln kann diesen Bereich entlasten.
Herausforderungen für Zollagenturen als Innovation Hub
Die digitale Transformation bringt neben Vorteilen wie der Effizienzsteigerung auch Herausforderungen mit sich, die besondere Lösungsansätze erfordern. Die Komplexität nationaler und internationaler Regularien und deren kontinuierlicher Änderungen – etwa im Rahmen von Freihandelsabkommen – erfordern flexible, schnell anpassbare Systeme.
Zudem macht die Verarbeitung sensibler Unternehmens- und Personendaten robuste Maßnahmen zur Cybersicherheit erforderlich, was durch eine Integration aktueller IT-Security-Lösungen, umfassende Awareness-Schulungen für die Mitarbeiter und eine Netzwerksegmentierung gewährleistet wird. Besonders die Ressourcenbegrenzung und Know-how-Defizite seitens des Handelsunternehmens müssen von der Zollagentur im Rahmen der Kooperation adäquat kompensiert werden.
Fazit: Zollagenturen haben eine neue Aufgaben als innovative Wegbereiter der digitalen Zukunft von Handelsunternehmen
Mit der Digitalisierung der Prozesse müssen nicht nur Handelsunternehmen Schritt halten, auch Zollagenturen brauchen Lösungen, um den Anschluss nicht zu verlieren. Die Entwicklung zu Innovation Hubs als Erweiterung des bisherigen Dienstleistungsangebots sichert den Agenturen eine proaktive Rolle innerhalb der digitalen Transformation und macht sie für Handelsunternehmen als innovative Partner interessant. Dabei erfordert die Integration neuer Technologien eine Balance aus Innovation und Compliance, um auf operativer Basis Optimierungspotenziale rechtskonform auszuschöpfen und sich trotzdem in einem zunehmend kompetitiven Marktumfeld zu behaupten.