Deutschland gehört zu den wichtigen Exportnationen, die im globalen Handel eine führende Rolle übernehmen. Im zurückliegenden Jahr belief sich der Umfang an Ausfuhren auf mehr als 1,5 Billionen Euro. Besonders stark dominieren die Wirtschaftssektoren der Automobilindustrie und des Maschinenbaus, gefolgt von der Chemiewirtschaft.
Damit ist Deutschland ein stark von Handelsabkommen abhängiger Wirtschaftsstandort. Besonders die in den letzten Jahren zwischen der EU und anderen Ländern/Wirtschaftsregionen abgeschlossenen Freihandelsabkommen sind für die wirtschaftliche Entwicklung, nicht nur des primären Exportsektors, sondern auch der Zulieferer wichtig.
Bedeutung von Freihandelsabkommen für Deutschland
Freihandelsabkommen haben für die deutsche Wirtschaft und den internationalen Warenverkehr große Bedeutung, da sie den Export von Waren und Produkten aus Deutschland erleichtern: Durch den Abbau von Zollschranken hilft ein Freihandelsabkommen der deutschen Wirtschaft, fördert den internationalen Wettbewerb und kommt letztlich auch dem Verbraucher zugute.
In der Praxis hat ein Freihandelsabkommen immer ein klar definiertes Ziel: Es geht um den Abbau von Handelsschranken einerseits und eine enge wirtschaftliche Zusammenarbeit andererseits. Abgeschlossen werden die Verträge zwischen mindestens zwei, heutzutage häufig aber auch mehreren Staaten, die sich davon jeweils einen besseren Marktzugang versprechen. Inländische Unternehmen, die für den Im- und Export weniger Hürden überwinden müssen oder niedrige Zollgebühren zahlen, können höhere Gewinne erzielen. Auf lange Sicht versprechen sich die beteiligten Staaten davon mehr Arbeitsstellen und höhere Steuereinnahmen.
Vorteile für deutsche Exporteure
Die Betrachtung der Freihandelsabkommen und deren Auswirkungen ist von verschiedenen Standpunkten aus möglich. Exportorientierte Unternehmen mit einem Geschäftssitz in Deutschland profitieren von verschiedenen Vorteilen, die ihnen die Freihandelsabkommen bieten, und nutzen diese zur Stärkung der eigenen Wettbewerbsfähigkeit in internationalen Märkten.
Niedrige Kosten durch den Wegfall oder die Senkung von Zöllen
Freihandelsabkommen verringern Zollschranken (indem Zollgebühren reduziert werden oder ganz wegfallen) und sorgen damit für eine deutliche Minderung der Kosten für Unternehmen. Niedrige Zollgebühren schlagen sich einerseits in den Preisen nieder, die von den Endkunden zu zahlen sind. Parallel verbessert sich mit den verringerten Zöllen auch die Gewinnmarge der Unternehmen im internationalen Handelsgeschäft.
Weniger Aufwand durch erleichterte Zollabwicklung
Neben dem Wegfall von Zöllen sehen Freihandelsabkommen regelmäßig auch Erleichterungen für die Zollabwicklung vor. Damit soll ein Bürokratieabbau für den Im- und Export erreicht werden. Die Umstellung auf gemeinsame Standards in der elektronischen Zollanmeldung oder eine Zertifizierung, die bei regelmäßigen Exporten Privilegien schafft, machen den Warenverkehr für Unternehmen einfacher.
Erweiterung von Absatzmärkten
Fallen durch Freihandelsabkommen Handelsschranken, eröffnen sich für Unternehmen Märkte, in denen sie bisher allenfalls bedingt wettbewerbsfähig waren. Eine Tatsache, die sich nicht nur durch einen höheren Absatz bemerkbar macht. Sich in neuen Märkten zu etablieren bedeutet auch, an der Diversifizierung zu arbeiten und die Abhängigkeit von anderen Handelspartnern zu verringern. Auf diese Weise können Unternehmen sich krisenfester aufstellen. Gleichzeitig sinken die Markteintrittskosten, da sich der bürokratische und finanzielle Aufwand für den Export verringert.
Wettbewerbsvorteile nutzen
Zölle bewirken, dass qualitativ hochwertige Produkte für den Endkunden teurer werden. Mit dem Wegfall von derartigen Handelsschranken können Unternehmen die Zielgruppe von der Qualität ihrer Produkte zu einem deutlich günstigeren Preis überzeugen und erwirken durch das Inkrafttreten von Freihandelsabkommen einen Wettbewerbsvorteil.
Herausforderungen für deutsche Unternehmen
Trotz der vielen Vorteile von Freihandelsabkommen für deutsche Unternehmen sollten die Herausforderungen nicht unterschätzt werden. Verändert sich die bisher praktizierte Abwicklung in der Verzollung, stehen Unternehmen vor einem gewissen Anpassungsdruck, da jedes Abkommen den Warenverkehr neu regelt.
Hoher Aufwand durch Ursprungsregeln
Um die Vergünstigungen aus Freihandelsabkommen in Anspruch nehmen zu können, sind verschiedene Regeln zu beachten – wie beispielsweise die Erbringung von Ursprungsnachweisen, wenn in den Exportprodukten verschiedene Zulieferteile verarbeitet sind. Die Nachweise dazu führen mitunter zu einem erheblichen Bürokratieaufwand und zu hohen Kosten. Im schlechtesten Fall kann dies ein Unternehmen sogar davon abhalten, die Vorteile eines Freihandelsabkommens zu nutzen.
Unterschiede zwischen verschiedenen Abkommen
Freihandelsabkommen sind Verträge zwischen Ländern und werden individuell ausgehandelt, um verschiedenen Interessen gerecht zu werden. Hierdurch entstehen sehr unterschiedliche Regelwerke. Unternehmen müssen sich mit den Unterschieden auseinandersetzen und sich intern anpassen. Dies kann zu einen wesentlichen administrativen Mehraufwand führen.
Zu niedrige Zolldifferenz
Der Abbau bzw. die Verringerung von Zöllen verspricht einen wirtschaftlichen Vorteil. Das nicht alle Unternehmen davon profitieren, kann an einer zu niedrigen Differenz zwischen dem Präferenzzoll und dem MFN-Zollsatz liegen. Die sich in solch einem Fall ergebende geringe Gewinnmarge kann den bürokratischen Aufwand, der seitens des Unternehmens betrieben werden muss, kaum rechtfertigen.
Haftungsfragen bei Fehlern
Fehler im Zusammenhang mit den Ursprungsregeln oder anderen Bestimmungen aus dem Freihandelsabkommen ziehen mitunter empfindliche Strafen nach sich. Hieraus ergibt sich für Unternehmen ein beträchtliches Haftungsrisiko. Mitunter kann es in kleineren und mittelständischen Unternehmen schlicht an den personellen und fachlichen Kompetenzen fehlen, um die Regelkonformität zu überwachen.
Fallbeispiele: Spezifische Freihandelsabkommen und deren Einfluss
Wie funktionieren und wirken Freihandelsabkommen? Besonders gut lässt sich deren Wirkung anhand konkreter Fallbeispiele aufzeigen – etwa den Abkommen der EU für den Außenhandel, die einen freien und ungehinderten Warenverkehr anstreben.
Abkommen für den EU-Außenhandel
Freihandelsabkommen für den Außenhandel wirken sehr spezifisch, bieten aber die Möglichkeit, vom Wegfall verschiedener Handelsschranken zu profitieren. Ein Beispiel ist das Abkommen zwischen der EU und Südkorea. Ohne einen Präferenznachweis würden beispielsweise Maschinen mit einem Zollsatz von acht Prozent belegt. Mit dem Präferenznachweis entfällt dieser Zollsatz komplett.
Damit können die in der EU hergestellten Maschinen in Südkorea deutlich günstiger angeboten werden. Mittlerweile hat sich das Handelsvolumen zwischen der EU und Südkorea deutlich erhöht – von 60 Milliarden Euro im Jahr 2010 auf mehr als 130 Milliarden Euro im Jahr 2022.
Ein weiteres Abkommen ist das „Comprehensive Economic and Trade Agreement (CETA)“ zwischen der Europäischen Union und Kanada, welches im September 2017 vorläufig in Kraft trat. Über eine umfassende Abschaffung von Zollschranken öffneten sich beide Märkte füreinander und regelten Bestimmungen zum Schutz von Investitionen und zur Beilegung von Streitigkeiten.
Als Ergebnis des CETA haben sich die Handelsbeziehungen zwischen der EU und Kanada intensiviert, das Handelsvolumen im Warenverkehr ist erheblich gestiegen. Einige Wirtschaftssektoren haben von dieser Entwicklung stark profitiert. Einen besonders großen Zuwachs haben in den ersten fünf Jahren der Anwendung die verarbeitende Industrie, die Hersteller chemischer Erzeugnisse sowie die Lebensmittelbranche verzeichnet.
Das Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Vietnam – „EU-Vietnam Free Trade Agreement (EVFTA )“ – ist seit August 2020 in Kraft. Sein Ziel: Ein Abbau der Zollschranken, wie er kurz- bis mittelfristig in dem Abkommen verankert ist. Direkt mit Inkrafttreten wurden 65 Prozent der Zölle auf EU-Exporte nach Vietnam abgeschafft. Die restlichen Zölle werden schrittweise über bis zu zehn Jahre abgebaut. Importgeschäfte aus Vietnam wurden ebenfalls direkt begünstigt und weitere Zölle werden innerhalb von sieben Jahren entfallen.
Für den deutschen Handel ist das Abkommen insofern wichtig, als dass Exporte aus der Bundesrepublik Richtung Vietnam einen nicht unerheblichen Anteil am Außenhandel der EU mit diesem asiatischen Land ausmachen. Parallel zum Wegfallen der Zollschranken verbessert das Abkommen den Zugang zu Beschaffungsmärkten und Dienstleistungen in Vietnam. Zusätzlich steht hinter dem Freihandelsabkommen die Absicht, Investitionen in den Markt deutlich zu erleichtern. Zugute kommt das Abkommen unter anderem den Branchen des Maschinenbaus, der Kraftfahrzeugproduktion und der chemischen Industrie.
Zwischen der EU und Drittländern bzw. verschiedenen Wirtschaftsregionen gibt es weitere Handelsabkommen, wie:
- „JEFTA“ – zwischen Japan und der EU
- das Freihandelsabkommen mit Singapur
- das Freihandelsabkommen mit Australien und Neuseeland
Auswirkungen auf verschiedene Wirtschaftssektoren
Freihandelsabkommen haben unterschiedliche Auswirkungen auf deutsche Unternehmen. Ihr Einfluss ist zudem von Branche zu Branche verschieden. Es gibt viele Bereiche der Wirtschaft – und dies betrifft besonders den nationalen Dienstleistungssektor – die von den Abkommen nicht direkt betroffen sind. Aber: Indirekt, etwa über den Zuliefersektor, gibt es durchaus Schnittmengen. Wie sehen die Auswirkungen für einzelne Branchen aus?
Automobilindustrie
Die deutsche Automobilindustrie ist ein stark exportorientierter Wirtschaftsbereich. Ein erheblicher Anteil der in Deutschland gefertigten Fahrzeuge wird ins Ausland verkauft. Die ausgehandelten Freihandelsabkommen sind daher essentiell, um Handelshemmnisse abzubauen und den Marktzugang zu erleichtern. Dabei stehen die deutschen Hersteller mitunter in direktem Wettbewerb mit internationalen Herstellern.
- CETA (EU-Kanada): Das Abkommen ist für die deutsche Fahrzeugbranche bedeutsam, da die Handelsbeziehungen gerade in diesem Bereich mit Kanada besonders intensiv sind. Allerdings müssen die Hersteller in diesem Zusammenhang auch strenge Ursprungsregeln erfüllen.
- EU-Südkorea-Freihandelsabkommen: Das Abkommen bietet gerade den Premiumherstellern die Möglichkeit, anders auf dem südkoreanischen Markt aufzutreten. Beim Blick auf die Statistiken sind insgesamt aber starke Schwankungen in den Ausfuhrzahlen zu erkennen.
Trotz der Vorteile aus den Handelsabkommen stehen deutsche Automobilhersteller vor Herausforderungen, die einerseits aus dem verschärften Wettbewerb mit ausländischen Herstellern resultieren und sich auf der anderen Seite aus der Notwendigkeit ergeben, sich an unterschiedliche regulatorische Anforderungen in verschiedenen Märkten anzupassen. Beispielsweise setzt der Markteintritt in den kanadischen Markt trotz des Handelsabkommens voraus, dass die Fahrzeuge alle relevanten Sicherheitsmerkmale für den Markt in Übersee mitbringen.
Maschinenbau
Der deutsche Maschinenbau ist ebenfalls stark exportorientiert und profitiert von Freihandelsabkommen durch einen erleichterten den Zugang zu internationalen Märkten. Durch den Abbau von Zöllen und die Harmonisierung technischer Standards ergeben sich Wachstums- und Markteintrittspotenziale. Zwei Beispiele für Abkommen, die sich positiv auf den Außenhandel der Maschinenhersteller ausgewirkt haben, sind die jeweils mit Japan bzw. anderen asiatischen Ländern abgeschlossenen Abkommen.
In den letzten Jahren hat sich der Absatz gerade nach Singapur und Thailand intensiv entwickelt. Zwischen 2022 und 2023 konnte die Branche knapp zehn Prozent bei den Exporten zulegen.
Landwirtschaft
Die deutsche Landwirtschaft profitiert von den Freihandelsabkommen auf sehr unterschiedliche Art und Weise. Durch die wegfallenden Zollschranken ist es grundsätzlich leichter, sich auf einem Markt zu etablieren.
Ein Beispiel ist der Handel mit landwirtschaftlichen Produkten zwischen Deutschland und Kanada, für welches das Handelsabkommen die entsprechenden Rahmenbedingungen definiert. Eine Überraschung: Zu den besonders häufig nach Kanada exportierten Agrarprodukten gehören Kakao und Kakaoerzeugnisse – aber auch Backwaren und Fleisch.
Zu den Herausforderungen, vor denen deutsche Agrarproduzenten und Exporteure stehen, gehören der Wettbewerb mit lokalen Produzenten und die Tatsache, dass deutsche Landwirte die Standards in Bezug auf den Umwelt- und Tierschutz beachten müssen.
Strategien für Unternehmen
Freihandelsabkommen bieten Unternehmen Vorteile, bringen aber auch verschiedene Herausforderungen mit sich. Als Unternehmen brauchen Sie entsprechende Strategien, um die Vorteile konsequent auszunutzen.
- Umfassendes Wissensmanagement: Über verschiedene Tools und Plattformen werden Informationen bereitgestellt, die Unternehmen nutzen können, um die Abkommen optimal zu nutzen. Dazu gehören auch Mitarbeiterschulungen, um in den Bereichen Außenwirtschaftsrecht und Ursprungsregeln den nötigen Anforderungen gerecht zu werden.
- Management der Ursprungsregeln: Die Ursprungsregeln sind ein zentraler Bestandteil der Abkommen. Als Unternehmen müssen Sie die Implementierung von IT-gestützten Systemen zur lückenlosen Dokumentation der Lieferketten und zur Nachverfolgung des Warenursprungs im Auge behalten und brauchen dazu auch eine umfassende Lieferantenkommunikation. Nur durch eine enge Zusammenarbeit mit den Lieferanten lässt sich die Herkunft der Vorprodukte zweifelsfrei klären.
- Nutzung von Beratungsangeboten: Die Inanspruchnahme professioneller Zollberatungen durch spezialisierte Dienstleister oder die Industrie- und Handelskammern bieten Unterstützung. Dieser Wissenstransfer kann den Markteintritt basierend auf den Handelsabkommen erleichtern.
- Aktive Anpassung an Marktanforderungen: Für den Handel auf Basis der Freihandelsabkommen ist mitunter eine Anpassung der Produkte an die spezifischen Standards und Normen der Zielmärkte erforderlich, um so Marktzugangshürden zu überwinden. Auf diese Weise ist eine Diversifizierung der eigenen Produkte für verschiedene Märkte möglich.
- Strategisches Risikomanagement: Trotz der bestehenden Abkommen kann sich das politische Umfeld jederzeit ändern. Das Monitoring politischer Entwicklungen ist daher erforderlich. Unternehmen müssen in der Lage sein, rasch auf etwaige Veränderungen zu reagieren. Zudem sollte bei der Vertragsgestaltung langfristig gedacht werden.
Fazit und Ausblick
Freihandelsabkommen spielen eine entscheidende Rolle für die deutsche Wirtschaft, insbesondere für exportorientierte Branchen wie die Automobilindustrie, den Maschinenbau, die chemische Industrie und die Landwirtschaft. Sie bieten Vorteile wie den Abbau von Zöllen, Verbesserung des Marktzugangs und der Wettbewerbsfähigkeit. Aber: Die Abkommen bringen auch Herausforderungen mit sich. Ein sehr wichtiger Punkt sind die teilweise komplexen Ursprungsregeln, die einen erhöhten administrativen Aufwand mit sich bringen.
Um die Vorteile der Abkommen optimal nutzen zu können, müssen Unternehmen Strategien entwickeln und implementieren. Unser Expertenteam beim Verzollungsbüro Butz steht Ihnen dabei gerne mit Rat und Tat zur Seite. Zögern Sie nicht uns zu kontaktieren und ein unverbindliches Erstgespräch zu vereinbaren, bei dem Sie alle Fragen stellen können und individuelle, kompetente Antworten von uns erhalten.